Sportliche
Herbstjagd 2021 in Schwaiganger
Es ist der 12.
Oktober, und wir befinden uns bereits mitten im Jagdjahr 2021. Die
Pferde sind in der Regel schon ein paar Jagden gelaufen, die Reiter
fit und begierig darauf, ihrer Passion nachzugehen. Da vermag dann
auch eine eher englische Wetterprognose den eingefleischten
Jagdreiter nicht abzuschrecken, denn: Schwaiganger ruft!
Das Staatsgut
Schwaiganger kann auf über tausend Jahre Pferdehaltung
zurückblicken. Früher diente das Gestüt dem Militär als
Remontendepot, heute hat sich das Haupt- und Landgestüt Schwaiganger
als staatlich anerkannter Ausbildungsbetrieb der Fort- und
Weiterbildung und der Zucht verschrieben. Zusammen mit dem
Nebenbetrieb Guglhör bewirtschaftet es rund 860 ha Fläche, davon
etwa 460 ha Grünland und 310 ha Wald.
So lud wie immer
im Oktober das am Fuße der Alpen beheimatete Bayerische Haupt- und
Landgestüt Schwaiganger, umgeben von Staffel-, Kochel- und Riegsee –
nach einem Jahr Corona-Zwangs-Pause – wieder zur Herbstjagd in
Memoriam Dr. Ralph Kuhlmann hinter der Meute des
Schleppjagdvereins von Bayern ein. Die Jagd ist berechtigterweise
als Strecke mit erhöhten Anforderungen ausgeschrieben, was sowohl
dem hügeligen Gelände als auch der hohen Anzahl an Sprüngen
geschuldet ist.
Gemeinsam mit
der Landstallmeisterin des Gestüts, Cornelia Back, die
glücklicherweise Spaß und Herz an der Schleppjagd und die Förderung
dieser Tradition von ihrem Vorgänger, dem Landstallmeister a. D. Dr.
Eberhard Senckenberg, übernommen hat, und Dr. Annette Wyrwoll als
Jagdherrin, versprach der Tag zu einem sportlichen Erlebnis höchster
Güte zu werden.
Leider konnte
Annette Wyrwoll zu ihrem und unserem größten Bedauern
verletzungsbedingt selbst nicht mit reiten, stand sie dennoch mit
Rat und Tat bei den Vorbereitungen an der Seite von Oskar Preischl.
Preischl gehört ebenfalls als langjähriger Mitarbeiter des Gestüts
zur unverzichtbaren Komponente dieser Jagd: Er ist für den
Hindernisbau verantwortlich und geht dieser Aufgabe wirklich in
perfekter Manier nach. Durch das Pausenjahr hatte die Natur
begonnen, die fest installierten Hindernisse zu vereinnahmen, alles
war zugewachsen und musste freigeschnitten werden. Aber am Tag der
Schleppjagd war das Gelände perfekt vorbereitet, die Hecken
zugeschnitten, die vielen aufgebauten Hindernisse alle professionell
befestigt und die Übergänge gesandet. Selbst an Durchschlupfe neben
den Sprüngen für die Hunde war gedacht.
Die Jagdstrecke
bestand aus sechs Schleppen, rund 20 Kilometern und 33 Hindernissen.
Annette Wyrwoll hatte diesmal die Reihenfolge der Schleppen
geändert, so dass die bekannte und wegen der vielen Sprünge
berühmt-berüchtigte letzte Schleppe zur dritten wurde, die bisherige
dritte Schleppe, also die, die durch das VS-Gelände führt, machte
sie zur letzten. Das hat den großen Vorteil, dass man zum Ende der
Jagd quasi daheim ist.
Sehr wichtig war
Wyrwoll, und das entspricht bestimmt auch dem Wunsch ihres Mannes
Ralph Kuhlmann, dass gerade die Streckenabschnitte optisch besonders
herausgearbeitet werden, auf denen Zuschauer, aber auch die Reiter
in dem teils doch sehr hügeligen Gelände die großartige Hundearbeit
zu sehen bekommen. Denn dadurch können Hundearbeit und ‚Jagdreiten
zu den Hunden‘ mustergültig demonstriert werden.
Nach einem
kleinen Imbiss in der Gestütsgaststätte „Herzogin Anna“ unter
Einhaltung der 3-G-Regeln, trafen sich alle, Reiter, Begleiter und
Zuschauer zum Stelldichein unter den Linden im Innenhof des Gestüts.
Hier gab
traditionell zu den Klängen der Bläsergruppe Murnau- Werdenfels
Pater Tassilo
den Reitern, Pferden und Hunden seinen Segen mit auf den Weg.
Grußworte
sprachen Landstallmeisterin Cornelia Back,
die
Jagdherrin Dr. Anette Wyrwoll,
und der
Geschäftsführer der Bayerischen Staatsgüter, Dr. Lindermayer.
Toni Wiedemann,
der Präsident des Schleppjagdvereins von Bayern, erzählte in einem
kurzen Rückblick von der über 40-jährigen Tradition, hier in
Schwaiganger eine Schleppjagd zu veranstalten und dankte
gleichzeitig allen Anwesenden und Verantwortlichen für die Treue und
den getätigten Aufwand.
Zudem
versprach er bei dem heutigen idealen Jagdwetter schnelle Foxhounds,
was sich zu hundert Prozent bewahrheiten sollte.
Anschließend
bekamen alle noch einen Bügeltrunk,
dann durfte das
Jagdfeld – aufgeteilt in zwei Felder: ganz vorne die Feldführung mit
den erfahrenen Jagdreitern, ganz am Ende die Schwaigangerer in ihren
blauen Uniformen – in das herrliche Gelände des Haupt- und
Landgestütes aufbrechen. Nach erfolgter Aufwärmrunde im Appell ging
es nahezu übergangslos auf die erste Schleppe.
Die Reiter und
ihre Pferde erwarteten insgesamt über 30 Hindernisse, die mal
hintereinander, meist jedoch zu mehreren gleichzeitig überwunden
werden konnten.
Nach jeder
Schleppe erfolgte eine Schrittpassage, in der sich die Hunde –
bestehend aus 17,5 Koppeln – erholen
durften. Die Foxhounds, denen das nass-kalte Wetter sehr
entgegenkam, erwiesen sich wie gewohnt als absolut spurlaut und
spurtreu, kaum losgelassen, fanden sie binnen Sekunden die gelegte
Spur, ihr Geläut ertönte und sie rannten wieselflink los, so dass
auch die Equipage Probleme hatte, ihnen zu folgen. Insgesamt
sechsmal wurde die Fährte angelegt, die Hunde senkten die Nasen,
stürmten davon, das Jagdfeld folgte in schnellem Galopp. Am Rand auf
Anhöhen und an exponierten Stellen standen immer wieder die
Zuschauer, die das Geschehen verfolgten und sich über die bunte
Schar an Reitern und Pferden erfreuten.
Wunderbar
ertönten auch die Hörner der Bläsergruppe weit über das Land! Was
für ein Erlebnis ist es doch, das Geläut zunächst zu hören, dann die
Hundemeute vorbeistürmen zu sehen, anschließend die Equipage und
direkt folgend rund 50 Reiter auf Braunen, Schimmel, Rappen und
Füchsen! Und das alles auf dem herrlichen, weitläufigen Gelände des
Haupt- und Landgestütes im Werdenfelser Land am Fuße des
Heimgartens!
Nach Beendigung
der sechsten Schleppe, die durch Wasser und über Gräben führte,
erscholl mit lauten Stimmen das Halali, die Reiter reichten sich die
rechte Hand, die Jagd war erfolgreich beendet.
Im Gestütshof
angekommen, loderte bereits das Feuer.
Die
Jagdgesellschaft stellte sich im Halbkreis um die Hunde, Toni sprach
noch ein paar Worte, und man stimmte zum gemeinsamen Jagdruf an:
„Auf die Hunde, auf die Pferde, auf Jagdreiten in Bayern!“ „Und
einem dreifachem Horriod – Joho!“ Mit der Curée, also dem Dank an
die großartigen Foxhounds, stiegen alle ab. Mit der Jagdknopf- und
Bruchverteilung durch die Jagdherrin Annette Wyrwoll ging der
sportliche Teil des Tages vorüber.
Die Pferde
wurden versorgt, alle trafen sich zum Jagdessen und Ausklang wieder
im Gestütsgasthof, um dabei die Erlebnisse der letzten Stunden
Revue-passieren zu lassen.
Denn nach der
Jagd ist bekanntlich vor der Jagd…
CR
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Bilder zur Jagd von Kathrin
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